Geschichte der Basler Guggenmusik – Teil III

Fasnächtliches und Unfasnächtliches

In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg sind Guggenmusiken zwar bald wieder unterwegs, doch offensichtlich eher am Morgenstreich und an den Abenden. Von «Unbaslerischem am Morgenstraichs lesen wir 1923 im «Briefkasten des Publikums»: «In den Restaurationen der innern Stadt trieb sich eine richtige ‹Guggenmusik› herum, die da und dort ein Stücklein spielte und dann mit dem Hut einsammeln ging», was der Einsender als «Unfug» betrachtete und zu «energischem Protest» veranlasste. Aber mit den Musiken am Morgenstreich war es nicht mehr grossartig bestellt. Obwohl noch im Vorjahr «einige kleinere ‹Guggenmusige› den Tumult erhöhten», schreibt 1931 ein Einsender in den «Basler Nachrichten»: «Zu wünschen wäre auch noch eine Wiederbelebung des Morgenstraichs durch Musikkorps, wie auch dies noch vor dem Kriege der Fall war. Es brauchen gar keine richtigen Musikkorps zu sein, einige wenige wirkliche Instrumente genügen, das übrige wird durch Lärm und Rhythmus ersetzt und erzielt vollkommen die gewünschte Wirkung. Solche Gruppen und Grüpplein würden den ganzen Betrieb günstig beeinflussen. Das Fasnachtscomité des Quodlibet unterstützte denn auch speziell solch belebende Gruppen am Morgenstraich, wenn auch meistens nur in ‹Natura›, was aber doch willkommen war».

1934 meldet dann ein Journalist vom Morgenstraich: «… da rasselte rücklings, nach alter Väter Sitte auf dem Trottoir, die erste Guggemusik mit ohrenbetörendem Getschätter vorbei. Das gibt es also wieder? Bravo!». Auch in den folgenden noch bis zum Kriegsausbruch verbleibenden Jahren begegnen wir ständig Erwähnungen von Guggenmusiken (allerdings mit wechselnden Bezeichnungen), die «mit schmetterndem Getöse nahen», «bäumig schränzen» und «vorüber rasseln». Doch die Guggenmusiken, unter den durchschnittlich acht zwischen 1911 und 1939 subventionierten Musikgruppen sicher die Minderheit, sorgten für Veränderung des fasnächtlichen Musik-Geschmacks: «Könnte nicht auch die musikalische Belebung der Banden baslerischer und fasnächtlicher um und ausgestaltet werden? Der Aufmachung einzelner Musikgruppen fehlte am gestrigen Nachmittag auch wirklich jeder Hauch fasnächtlichen Geistes! Sollte die Anpassung tatsächlich so schwierig sein? Wir glauben nicht. Sicherlich dürfen die Musikgruppen in Zukunft nicht mehr solche Fremdkörper im Bild unseres Fasnachtsbildes darstellen, wie dies gestern teilweise der Fall wars. Damit waren selbstverständlich jene Musikvereine gemeint, die nach Noten spielten und – wie Photos der dreissiger Jahre zeigen – auch von der Kostümierung her nicht besonders originell die Umzugsroute abschritten. Statt sich nach obigem Wunsch fasnächtlicher zu geben, distanzierten sich die Musikvereine von einer Teilnahme an der Fasnacht, weil «die Guggenmusiken immer mehr überhand nahmen».

Und 1946 geht es dann los

Auch an den «Konservenfasnachten» 1940-1945 (ohne Strassenfasnacht) waren die Guggenmusiken zu hören – allerdings bloss in geschlossenen Räumen, in Wirtschaften, an Bällen und auch am «Monstre-Trommel-Konzert». Diese seit 1906 bestehende Vorfasnachtsveranstaltung wurde bereits 1909 durch den Vortrag einer Blasmusik (Musikverein Amicitia) mitgestaltet, was sich später (z.B. 1918) wiederholte. Bald nach der Gründung der «Jeisy Migger-Guggenmuusig» nach der Fasnacht 1926 war auch der Auftritt dieser Guggenmusik während über 25 Jahren ein fester, wenn auch nicht im Programm figurierender Bestandteil des «Monstre» im «Küchlin-Theater». Nur ein einziges Mal- an der ersten Nachkriegsfasnacht 1946 – machten sie auch an den Umzügen von Montag und Mittwoch mit.

Insgesamt sieben Musikgruppen – nun alles Guggenmusiken – waren für diese Fasnacht beim Comité gemeldet. Sie trugen Namen wie «Dreiroserampe-Schränzer-Guggemusig», «Chnullerifurzguggerabbsi», «Schluch- und Guggemusig Breiti» (auf einem Auto) und «Studio Neubad-Guggemusig». In den folgenden Jahren erscheinen immer mehr Guggenmusiken in den Verzeichnissen des Fasnachts-Comités. Zunächst teilweise noch mit wechselnden Bezeichnungen wie beispielsweise die «Schotten-Clique» (gegr. 1947), die über «Hirschenegg-Schotte», «Hirschenegg-Clique» und «Schotteclique Hirschenegg» zu ihrem heutigen Namen fand.

Wie das Guggenmusikwesen in Basel sich seit 1946 entwickelt hat, zeigen diese wenigen Zahlen, welche nur die beim Comité gemeldeten Gruppen berücksichtigen: 1946: 7 Guggenmusiken; 1956: 13; 1966: 24; 1976: 38; 1985: 67.

Quelle: Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde